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Mittagessen in der Gropiusstadt

von Undine Ungethüm, "Walter", Quartiersmanagement Gropiusstadt

In der Gropiusstadt ist es mittags eher ruhig. Kein Vergleich zu Nord-Neukölln, wo sich Gerüche kreuzen und Essen das Straßenbild prägt. Aber essen tun die Gropiusstädter natürlich auch. Weil es aber kaum Cafés und Restaurants gibt – Gewerberäume waren in den Hochhäusern nicht vorgesehen - findet das Essen meist hinter den tausenden Wohnungstüren statt – oder aber rund um die U-Bahnhöfe, in den Gropiuspassagen und im neuen Wutzky-Center. Da gibt es Pizza, Brezeln auf die Hand, Chinapfanne, Bockwurst oder Backfisch – in vielen kleinen Restaurants und Verkaufsständen. Wenn man zu Fuß durch die Gropiusstadt geht, muss man aber auch nicht verhungern – es gibt ja Imbissbuden. Chicken World, Gyros-Express, Bibis Backshop, Lipschitz-Grill – hier bekommt man das übliche Fast-Food to go. In den meisten Imbissen gibt es aber auch ein, zwei Tische - wenn man möchte, kann man sich hinsetzen und beim Essen ein Schwätzchen halten. Und bei Monis Imbiss auf dem Wildmeisterdamm bekommen die Kinder aus der Umgebung außer Pommes auch eine große Portion Mütterlichkeit.

Manna – Mittagessen für alle Kinder

Im Malteser Familienzentrum Manna am Lipschitzplatz ist Essen Programm. Deshalb heißt das Haus auch nach der göttlichen Speise, die nachts vom Himmel fiel und den Israeliten auf ihrer 40-jährigen Wanderschaft durch die Wüste half, nicht zu verhungern. Im Manna bekommen mittags um 14:00 alle Kinder im Grundschulalter für XY Euro ein warmes Essen. Egal, von welcher Schule, egal woher sie kommen, so gegen 13:45 trudeln sie nach und nach in die helle, freundliche Mensa ein und besorgen sich Essensmarken. Heute gibt es Makkaroniauflauf und Gurken-Tomatensalat. „Tischlein Deck Dich“ steht einladend über der Essensausgabe. Es gibt vollwertige Biokost, niemals Schweinefleisch und nur ein kleines hölzernes Kreuz an der Wand zeigt, dass das Manna ein konfessionelles Haus ist. Kathrin Baron, die Leiterin des Manna will nicht missionieren, das geht auch gar nicht bei den vielen Kindern unterschiedlichster Herkunft – es kommen ja auch viele muslimische Kinder. Sie möchte vor allem, dass die Kinder ein warmes Essen bekommen, die zuhause keins bekommen können. Weil zuwenig Geld da ist, oder die Eltern bis abends arbeiten. „Wir haben wirklich einige Kinder, die essen soviel sie können, weil es die einzige richtige Mahlzeit ist, die sie bekommen.“ Das Mittagessen im Manna wird ausschließlich über Spendengelder finanziert.

Ein Kind zündet immer zuerst die dicke Kerze auf dem Tisch an. Erst dann dürfen alle anfangen. Und das Kind, das die Kerze anzündet, ist auch fürs Abräumen zuständig. Das wird jedes Mal ausgelost. Arne Schwarz betreut fast immer das Mittagessen, meist zusammen mit noch ein oder zwei Team-Kolleginnen. Er isst mit den Kindern, unterhält sich mit Ihnen und muss natürlich auch für Ordnung sorgen: Dass nicht zuviel rumgezappelt wird. Einen Sack Flöhe hüten ist leichter! Denn alle plappern durcheinander, sind erst einmal aufgedreht und machen Quatsch. Aber wenn die Kerze brennt, wird es ein bisschen ruhiger. Der Betreuer hat auch ein Auge auf die stillen Kinder und manchmal muss er auch ein bisschen helfen: Einige haben motorische Probleme und noch Schwierigkeiten mit Messer und Gabel. Es ist jetzt ein bisschen ruhiger geworden, aber immer wieder wird gelacht: Arne macht Scherze und die Jungen sind auch ganz gerne witzig! Der Makkaroniauflauf ist richtig lecker und die Teller bald leer. Gut, dass es diesen Ort gibt, wo Kinder jeden Mittag freundlich empfangen werden und in entspannter, liebevoller Atmosphäre zusammen essen können. „Kinder stark machen“ ist das Motto des Malteser Familienzentrums.

Das Beste kommt natürlich zum Schluss: Als die Betreuer den Nachtisch ausgeben, bildet sich in Nullkommanichts eine Kindertraube an der Ausgabe – es gibt Eis!! Danach wird mit Karten ausgelost, wer diesmal mit Abräumen dran ist: Der Kreuz-Bube sticht diesmal und die kleine Jasmin hat ihn gezogen. Abräumen will natürlich keiner so gern. Aber es muss ja sein und natürlich bekommt die kleine Küchenfee Hilfe vom Erwachsenen-Küchendienst – und nächstes Mal ist ein anderer dran!! Als erstes pustet sie die Kerze aus: Jetzt dürfen alle aufstehen. Manche gehen noch zur Hausaufgabenbetreuung, oder spielen noch zusammen, die anderen gehen nach Hause. Satt, fröhlich und gesund ernährt – Manna eben.

Café Happiness

In der Gropiusstadt gibt es kaum Cafés. Das Café Happiness am Lipschitzplatz ist eins der wenigen. Dort sitzen um die Mittagszeit alle möglichen Leute: Jüngere, Ältere, aus der Türkei, Deutschland, Polen - eine bunte Neuköllner Mischung eben.

Dass das so ist, ist Herrn Cakmak zu verdanken. Ihm gehört das Happiness und als er das Café eröffnet hat, nachdem die Bäckerei, die vorher darin war, geschlossen hat – da waren manche der ehemaligen deutschen Gäste erstmal ziemlich reserviert. Hier in der Gropiusstadt gibt es leider immer noch viel Vorurteile und Berührungsängste zwischen den unterschiedlichen Kulturen. Aber Herr Cakmak geht auf die Leute zu und spricht mit Ihnen. Und er ist so freundlich und interessiert, dass er schnell das Misstrauen abbauen konnte. „Ich rede einfach mit den Menschen. Wir sind doch alle gleich, egal wo wir herkommen! Und ich möchte, dass meine Gäste sich wohlfühlen.“ „Wer als Fremder kommt, soll als Freund gehen“ - das ist sein Wahlspruch.

Und es funktioniert: Das Happiness ist mittlerweile mit seinem selbstverständlichen Miteinander vom Lipschitzplatz nicht mehr wegzudenken. Türkische Mütter kommen auf einen Tee, Handwerker zur Pause und die älteren Damen aus den Seniorenwohnheimen rund um den Platz essen mittags gern mal was anderes als das langweilige „Essen auf Rädern“. Im Happiness gibt’s mittags multikulturelle Küche: Rührei mit Knoblauchwurst, Gözleme (hauchdünner Teigfladen) mit Käse, Fleisch, Spinat oder Kartoffeln gefüllt, türkische Pizza, Köfte, Suppen, Würstchen mit Kartoffelsalat. Und das Essen ist hausgemacht. „Wir machen alles selbst, Fertiggerichte gibt’s bei mir nicht“, sagt Herr Cakmak. Bald wird auch noch eine Terrasse eröffnet, mit Lounge-Feeling. Die freundlichen Frauen hinter dem Tresen gehören übrigens zur Familie – das Happiness ist Familienbetrieb. Aber Herr Cakmak sitzt gerade mit dem Jobcenter zusammen – er möchte längerfristig auch Arbeitsplätze schaffen. Der Name „Café Happiness“ war übrigens eine Idee seiner Tochter. Nachmittags kommen viele Ältere zu einem kleinen Kaffeeklatsch mit Kuchen. „Ich habe vier ältere Damen, die kommen mehrmals in der Woche – das sind meine vier Engel, sage ich immer!“ schwärmt Herr Cakmak. „Die sind so süß, ich freue mich jedes Mal, wenn sie kommen!“ Wenn das kein glücklicher Ort ist, wo man auch als älterer Mensch so herzlich willkommen ist!